Ziergarten: Ausgebüxt und wild geworden

Einleitung

April 2019 Einst kamen sie aus aller Herren Länder als Gartenpflanzen zu uns. Dann machten sie sich auf in die Landschaft – und sind nun ganz schön lästig. Silke Kluth erklärt, warum Sie von Japanischem und Sachalin-­Staudenknöterich, Indischem Springkraut, Kermesbeere, ­Ambrosia und Herkulesstaude besser die Finger lassen sollten.

Manchmal erschrecke ich selbst, wie riesig und unverwüstlich Japanischer Staudenknöterich ist.

Die allermeisten neu in Europa eingeführten Pflanzen machen keine Probleme. Einige jedoch breiten sich derart aus, dass sie heimische Arten verdrängen. Teils verursachen sie auch große ökonomische bzw. gesundheitliche Schäden. Diese Gruppe fasst man als „invasive Neophyten“, eindringende neue ­Pflanzen, zusammen. Tatsächlich gibt es die hier vorgestellten Arten zuweilen noch als Gartenpflanze zu kaufen! Außerdem kenne ich Hobbygärtner, die Staudenknöterich oder Kermesbeere irgendwo ausgruben und in ihren Garten pflanzten. Zu­mindest beim Knöterich haben sie das schwer bereut.

Monströs: Staudenknöterich nach oben

Knöterichsprosse sind essbar wie Rhabarber.
Staudenknöterich bewohnt auch gerne Bahngleise.

1847 wählte man Japanischen Staudenknöterich in England zur interessanten Zierpflanze des Jahres. Heute gilt er dort als gärtnerischer Albtraum oder Monster: Grundstücke, die der Knöterich vereinnahmt, verlieren erheblich an Wert. Ohne Weiteres wächst er durchs Mauerwerk ins Haus. Dabei ist er so attraktiv! Im Frühling treiben rötliche Sprosse aus. Sie wachsen bis zehn Zentimeter am Tag und werden gut drei Meter hoch. Die Stängel erinnern an Bambus, die Blattform an Pfeilspitzen. Das „Monster“ sitzt unter der Erde: Knöterich-Rhizome reichen zwei Meter in die Tiefe und breiten sich seitlich meterweit aus. Ein kleines Stück davon kann im Boden 20 Jahre überleben. Wo sich der Staudenknöterich einmal etabliert, wird man ihn also schier nicht wieder los. Er wuchert an Bach- und Flussufern, wo er die Uferbefestigung zerstört. Bei Hochwasser verbreitet er sich über Rhizomstücke. Damit belastete Erde bringt ihn bei Bauvorhaben auf Grundstücke, Lärmschutzwälle oder sonstwohin. Sie sind also gut beraten, den Japanischen Staudenknöterich und seinen Bruder, den Sachalin-Knöterich, aus Ihrem Garten fernzuhalten.

Link-Tipp nach oben

Mehr über Neophyten: neobiota.bfn.de

Samenbomben: Indisches Springkraut nach oben

Springkraut herrscht über halbschattige Standorte.
Eine gute Nektarquelle: Indisches Springkraut

Viele Imker schätzen das Indische Springkraut wegen seiner langen, bis Oktober dauernden Blütezeit – wenn es sonst wenig Nektarquellen gibt. Wie das heimische Große Springkraut (gelbe Blüten) wächst es an halbschattigen Orten mit feuchtem Boden, also an Waldrändern und auf feuchten Wiesen. Beide haben den gleichen Verbreitungsmechanismus: Die Samenkapseln springen bei Reife auf und schleudern ihren Inhalt meterweit umher. Das Indische (auch Drüsige) Springkraut wächst zu riesigen Beständen heran, welche die Lebensräume heimischer Arten verändern. Es ist einjährig, doch die mehr als 4.000 Samen pro Pflanze können im Boden überleben. Sie schmecken richtig nussig. Probieren Sie: Jeder gegessene Samen ergibt schon mal keine neue Pflanze!

Attraktive Samenstände: Kermesbeere nach oben

Übermannshoch kann die Kermesbeere werden …
… mit farbenfrohen Samenständen.

Die buschartig wachsende Staude kommt bislang nur in einigen Gebieten massig vor. In der Südpfalz und im Odenwald besiedelt sie bereits große Waldstücke und verhindert, dass Jungbäume aus Samen weiterwachsen können. ­Kermesbeeren selbst setzen für ihre Verbreitung auf das Vogeltaxi: Die Tiere mögen die Beeren und scheiden die Samen, oft gleich mehrere pro Klecks, wieder aus. So kann die eigentlich schmucke Pflanze auch in Ihrem Garten auf­tauchen. Wer sie behalten möchte: Nur zu! Denken Sie lediglich daran, dass ein Exemplar bis 25.000 Samen hervorbringt. Um deren weitere Verbreitung zu verhindern, überlässt man die reifen Beeren besser nicht den Vögeln. Menschen sollten die Beeren jedenfalls nicht essen – sie ist giftig, vor allem für Kinder.

Gefährdet die Gesundheit: Ambrosie nach oben

Als Samen im Vogelfutter kam die Beifußblättrige Ambrosie zu uns. Sie hat bereits in allen Bundesländern Fuß gefasst, bislang nur in kleinen Beständen. Die Pflanze mit dem verlockenden Namen verstäubt Unmengen an Pollen. Als Allergie­auslöser wirkt er zehn Mal stärker als Birkenpollen. Die Ambrosie blüht von Juni bis in den Herbst. Damit ver­längert sie die Heuschnupfen-Saison weiter nach hinten. Über die App „Ambrosia-Scout“ können Sie helfen, Bestände zu melden und somit die Ausbreitung der Art einzudämmen.

Das Laub der Beifußblättrigen Ambrosie.
Gefährlich: Ambrosienpollen sind hochallergen.

Gigantisch: Herkulesstaude nach oben

Aus den Gärten Englands zog die drei bis fünf Meter hohe Herkulesstaude, auch Riesen-Bärenklau genannt, nach Deutschland. Inzwischen findet man sie über das ganze Land verteilt bis in die Mittelgebirge. Ihre großen, rasch wachsenden Bestände bringen heimische Arten in Bedrängnis. Kommen Sie den Gewächsen nicht zu nahe: Ihr Pflanzensaft verursacht in Verbindung mit Sonne schwere Verbrennungen!

Bis 50.000 Samen pro Pflanze: Herkulesstaude
Die Blüten der Herkulesstaude erreichen Durchmesser von 80 cm.

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